Mit Knut hat ein Großer seine letzte Reise antreten müssen. Uns bleiben die Erinnerungen! Erinnerungen an einen, der ein „Macher“ im positiven Sinne war. In Knuts Nähe gewesen zu sein bedeutete immer mit Gedanken konfrontiert zu werden, die zumeist in kurzen, knappen, ehrlichen Worten nach praktikablen Lösungen strebten. Schwer tat er sich immer, wenn sein Gegenüber zögerliches Verhalten als Hauptkomponente einbringen wollte. Seine Art war es: wenn eine Aufgabe an ihn herangetragen wurde – kurze, klare Analyse über Machbarkeit, mögliche Wege der Realisierung und schnelle Entscheidung wie, wann und wo. Das war auch seine Erwartungshaltung an alle diejenigen, die mit ihm zu tun hatten. Das galt für den Beruf, die Familie und auch den Sport, ein ganzes Leben lang.
So soll es dann an dieser Stelle auch nur darum gehen einige Punkte in Erinnerung zu rufen, die besondere Stationen im Werdegang des Sportlers und des Vereinsmitgliedes Knut Wahrendorf darstellen. Alles begann damit, dass Knut als Sohn von Alfred Wahrendorf, alias „Ali“ geboren wurde und damit quasi gleichzeitig als Segler in die Welt trat und zwar in Schmöckwitz, hier in seinem Verein, der TSG 1898. Erste seglerische Anfänge machte er auf einer Jugendjolle, gezeichnet auf Anregung von Ali, von dessen Freund Theo Ernst.
Mit 13 Jahren ist Knut Vorschoter auf dem Piraten von Jörg Gründel, dann mit Bernd Giesel auf Beil 209 und danach segelte er einen Vereinspirat. Damit hatte sich das Seglerleben von Knut auf Mehrhandbooten aber auch im Wesentlichen schon erschöpft, von da an wurde er Einhandsegler. Allerdings gibt es auch hier, wie immer im Leben, Ausnahmen. Eine solche war die DDR- Meisterschaft 1959. Als Vorschoter bei Vater Ali auf dem 20er wurde er Meister. Eine zweite Ausnahme habe ich noch aus Erzählungen von Ali in Erinnerung. Irgendwann erfüllten Knut, Uwe und Olaf ihrem Vater den Wunsch und setzten sich gemeinsam bei einer 20 – Stundenwettfahrt auf den Zwanziger. Danach war man sich einig – nie wieder! Das vereinigte, hochkarätige Wahrendorf- Potenzial, fuhr der Konkurrenz hinterher.
Mit 14 Jahren bekam Knut dann die O 385, seine erste O – Jolle. Im gleichen Jahr, 1956 wurde er ordentliches Mitglied im Verein, um ihm sein ganzes Leben die Treue zu halten. Diese erste O – Jollen Phase ging bis 1960. Da gab Jochen Landscheck das vereinseigene Finn- Dinghi GO 125 ab. Knut übernahm es und versuchte sich von nun an auch auf der seit 1952 olympischen Einhand- Jolle, nebenbei aber mit seiner O 14 der O- Jollenklasse die Treue haltend. Die Finn- Dinghi Ära ging bis 1975. In dieser Zeit lieferte er den Leistungskadern, Jürgen Mier, Christian Schröder, Bernd Dehmel, Jürgen Wolff, Jürgen Müller, Detlef Schreiber, Jochen Schümann und Anderen große Rennen. Seine größten Finn-Erfolge datieren aus dem Olympiajahr 1972. Er wird Ungarischer Staatsmeister, bezwingt solche international renommierten Finn- Dinghy- Segler wie Görgy Finaczi aus Ungarn und Mirek Vejvoda, den unvergessenen Tschechen, beides 1972 die Olympiastarter ihrer Länder in Kiel. Bei den DDR –Meisterschaften des gleichen Jahres, besiegt er, bis auf Detlef Schreiber vom SC Berlin- Grünau, die in den Leistungssportclubs trainierende, Weltklasse verkörpernde Finn- Garde aus Rostock, Schwerin und Berlin. Der DDR – Vize- Meister war der Lohn.
Auch Knut, und vielleicht noch mehr Vater Ali, träumte davon den Namen Wahrendorf in den Starterlisten von Europameisterschaften oder Gold Cups in Göteborg, Hyeres, Medemblik oder anderswo im westlichen Ausland verzeichnet zu sehen. Die Leistungen, insbesondere im Olympiajahr 1972, hätten das allemal gerechtfertigt. Aber da war eben die soziale Herkunft –
Tischlermeister und Mitglied in einem Leistungssportclub der DDR – das war wie Feuer und Wasser. Das ging und vor allem sollte nicht gehen, nicht nach dem Willen der Sportpolitiker – und die hatten das Sagen, da half alles sportliche Können nichts!
1975 war dann das letzte Finn- Dinghy Jahr. Seit 1976 segelte Knut nur noch O- Jolle, 49 Jahre am Stück! Sechzehn Deutsche bzw. DDR- Meister und fünf Europameister- Titel sind für Knut in den amtlichen Statistiken verzeichnet – eine bemerkenswerte Konstanz und Kontinuität auf höchstem Niveau!
Als einer der ganz Wenigen, die nicht aus den Leistungssportclubs kamen, wurde er für seine seglerischen Erfolge mit der O- Jolle in der DDR 1988 als „Meister des Sports“ geehrt. Man konnte nicht anders, die absichtlich sehr, sehr hoch gesteckten Kriterien für die Erfüllung der Norm durch Nicht- Leistungssportler waren erfüllt.
Es war ein Genugtuung und zugleich Freude vermittelndes Ereignis. Freude vor allem deshalb, weil bei gleicher Gelegenheit Tochter Simone für ihr Abschneiden bei der IYRU- Weltmeisterschaft im 470er 1987 in Griechenland ebenfalls diesen Titel verliehen bekam. Vater und Tochter an einem Tag „Meister des Sports“, auch ein besonderer Moment im Familienleben des Knut Wahrendorf, insbesondere für seine Frau Margitta, die stets im Hintergrund an seiner Seite stand.
Von da an avancierte er zum Dominator in der O –Jollenklasse. Mit der Wende eröffneten sich auch für ihn neue sportliche Möglichkeiten und Herausforderungen. Die Teilnahme an Regatten, wo sie auch immer stattfanden, war nun möglich und wurde zur Normalität. Schnell war der nun internationaler gewordenen Konkurrenz aus Italien, Österreich, der Schweiz und vor allem den Niederlanden, dazu den Kameraden aus Lübeck, Essen und anderswo in den alten Bundesländern klar, dass Siege nur möglich waren, wenn man ihn, den Dominator aus der TSG 1898, bezwingen kann. Fünfmal Europameister und neun nationale Titel, dazu die acht von vor der Wende hat er auf der Habenseite. Diese Bilanz macht Knut Wahrendorf zum erfolgreichsten O- Jollensegler aller Zeiten. Auf all diese Erfolge konnte er sehr, sehr stolz sein, aber nicht nur er, auch seine Familie und „wir“, seine Gemeinschaft.
Knut Wahrendorf war ein hervorragender Botschafter der „Freien Vereinigung der Tourensegler Grünau“. Dass das Kürzel TSG 1898 weit über Berlin hinaus, überall in Deutschland und noch weiter, ein Gütesiegel für qualitativ auf hohem Niveau ausgeübten Sport darstellt, damit wird der Name Knut Wahrendorf für immer im Gedächtnis bleiben. Wir, die wir Ihn auch hier erleben konnten, wissen, dass der Verein für Knut noch weit mehr bedeutete. Unser Verein ist immer einer der Zentralpunkte seines Lebens gewesen, für den er, ohne viel zu reden auch immer da war, auch wenn Not am Mann war – und das acht Jahrzehnte lang. Und eines bleibt noch anzufügen: Erfolge als Einhandsegler auf dem Wasser werden immer zu zweit errungen, von dem der segelt und von der die dafür ein riesiges Verständnis aufbringt. Mit Margitta eine Frau gehabt zu haben, die ein Leben lang, ohne im Boot zu sitzen, aber mit im Boot war – das war ein Glück für beide und für Knut ein wichtiger Background seiner Erfolge.
All das wird den Langzeitcharakter unserer Erinnerungen an Knut Wahrendorf ausmachen
Im Auftrag der TSG 1998– in Memoriam Knut Wahrendorf
Dr. Klaus Müller